Mitte Juli erschien die zweite Ausgabe des 23. Jahrgangs mit der zehnseitigen Titelgeschichte über die einst vom IOC als „offiziell“ anerkannte Olympische Hymne von 1936 – Unterzeile: Der Dichter und sein Komponist. Autor ist Volker Kluge.
Der Komponist war kein anderer als der berühmte Richard Strauss, der sich anfangs als Sport- und Olympiafeind gerierte, aber danach willig den Auftrag übernahm, nachdem er die Wichtigkeit der Olympischen Spiele für das NS-Regime begriffen hatte. Da das Organisationskomitee seine Honorarforderung – Strauss hatte 10 000 Reichsmark verlangt – nicht erfüllen konnte, ließ man die Komposition als Faksimile in hoher Auflage drucken und durch den Musikverlag Fürstner vertreiben. Der Erlös kam allein Strauss zugute.
Dagegen ging der Dichter, der damals 33-jährige arbeitslose Schauspieler und Rezitator Robert Lubahn, leer aus. Er bekam zwar das ausgelobte Preisgeld in Höhe von 1000 RM als Gewinner eines Preisausschreibens, doch die weltweiten Urheberrechte übertrug das Organisationskomitee ausschließlich dem Komponisten und seinen Erben.
Und nicht nur das: Obwohl der als genial gepriesene Text bereits veröffentlicht worden war, versuchte Reichspropagandaminister Goebbels nachträglich die Hymne zu verhindern, da sie zu wenig „dem Geist des Dritten Reiches“ entsprach. Schließlich begnügte er sich mit Änderungen in der ersten und dritten Strophe. Das Wort „Friede“ ließ er durch „Ehre“ ersetzten; den Begriff „Rechtsgewalt“ veränderte er in „Treue“.
Obwohl Hitler danach die Hymne in dieser Fassung genehmigt hatte, weigerte sich Lubahn, diese neue Textfassung zu autorisieren. Als der Druck zunahm – und ihm mit gerichtlichen Folgen gedroht wurde –, flüchtete er Ende Juli 1936 in die Schweiz, wo er den Kontakt mit IOC-Ehrenpräsident Pierre de Coubertin suchte, der aber keinen Einfluss mehr besaß, um ihn unterstützen zu können.
Lubahn traf sich unter anderem mit dem emigrierten Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann und korrespondierte mit den Schriftstellern Hermann Hesse und Romain Rolland, doch letztlich waren auch deren Bemühungen, ihm zu einem dauernden Aufenthalt in der Schweiz zu verhelfen, vergeblich. Er musste 1938 nach Deutschland zurückkehren, wo er zum Bau des „Westwalls“ dienstverpflichtet wurde. Die Hoffnung auf eine Karriere als Schriftsteller blieb unerfüllt. Lubahn starb 1974 in Stuttgart.
Was gibt es im offiziellen Magazin der International Society of Olympic Historians (ISOH) noch zu lesen? Aus Anlass der Europaspiele in Baku beschäftigte sich Philip Barker (London) mit der Geschichte der Regionalspiele. Alberto Aragon-Pérez (Barcelona) war den gekrönten Häuptern auf der Spur, die von der Antike bis in die Gegenwart aktiv an den Olympischen Spielen teilnahmen. Thomas Smith (Leicester) untersuchte die Rolle der britischen Premierministerin Margaret Thatcher beim Olympia-Boykott von 1980, die israelischen Sportwissenschaftler Felix Lebed, Ofer Muchta und Yair Galily versuchten die Frage zu beantworten, worin das Geheimnis der olympischen Erfolge der schwarzen Athleten besteht. Bernhard Kramer (Hagen) und Richard Stanton (Aptos, Kalifornien) analysierten die Ode „Olympischer Lorbeer“ (Laur Olimpijski), für die der Pole Kazimierz Wierzyński 1928 bei den Olympischen Kunstwettbewerben mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde.
Ein Besuch im neuen französischen Sportmuseum durch Christian Wacker, Teil 18 der Biographie-Serie der IOC-Mitglieder, Rezensionen, Nachrufe auf verstorbene Olympiamedaillengewinner sowie ein Bericht über die ISOH-Exekutivtagung in Barcelona runden die Ausgabe ab.
Kontakt:
www.isoh.org, ISOH-Generalsekretär Anthony Th. Bijkerk, E-Mail:
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